Channeling bei der Espresso-Zubereitung erkennen und vermeiden
Für viele Kaffee-Liebhaber ist ein Espresso aus der Siebträgermaschine der ultimative Genuss. Doch so hochwertig das Ergebnis, so fehleranfällig die Zubereitung, wenn das nötige Wissen fehlt. Die richtige Extraktion des Espressos ist unter anderem vom Mahlgrad abhängig. Denn dieser wirkt sich auf die Durchlaufzeit aus. Zu kurzes oder zu langes Extrahieren macht den Espresso zu sauer oder zu bitter. Eine ebenso häufig auftretende Fehlerquelle ist das sogenannte Channeling. Dieser Effekt sorgt dafür, dass das Wasser ungleichmäßig durch das Kaffeepulver fließt. Welche Folgen dies für das Aroma hat und wie Sie das Channeling bei der Espresso-Zubereitung vermeiden, erfahren Sie in diesem Artikel.

Was ist Channeling bei Espresso?
Der Begriff Channeling (oder deutsch: Gitterführungseffekt) stammt eigentlich aus der Physik. Dort beschreibt er ein Phänomen, bei dem Ionen sich nicht gleichmäßig vorwärts bewegen. Stattdessen nutzen sie die linearen Strukturen entlang von Kristallgittern wie Kanäle (englisch: channel).
Übertragen auf die Espresso-Herstellung beschreibt der Begriff einen ungleichmäßigen Weg, den das Wasser durch das im Siebträger verdichtete Kaffeebett nimmt. Eigentlich sollte das Wasser gleichmäßig durch das Kaffeepulver dringen. Beim Channeling sucht es sich jedoch den Weg des geringsten Widerstands. Dabei formt es regelrechte Kanäle im Kaffeepulver. Die Folge: Das Wasser fließt an einigen Stellen schneller durch das Kaffeebett als an anderen. So wird der Espresso nicht richtig extrahiert. Er kann sein Aroma nicht voll entfalten und schmeckt nicht wie gewünscht.
Woran erkennt man Channeling bei Espresso?
Channeling äußert sich vor allem dadurch, dass die Qualität Ihres Espressos schwankt und Sie kein gleichmäßiges Geschmacksniveau erreichen. Insbesondere wenn der Espresso sauer und wässrig schmeckt, ist häufig Channeling die Ursache. Warum? Das Wasser fließt schneller als gewünscht durch den Kaffeekuchen, auch Puck genannt. Dabei löst es vor allem Säuren, aber wenig Bitterstoffe. Und das schmeckt man.
Die optimale Durchlaufzeit beim Espresso liegt etwa zwischen 25 und 30 Sekunden. Fließt das Wasser schneller durch, ist der Espresso ungewöhnlich hell. Die Crema wird dabei eher wässrig und der Geschmack ist insgesamt sauer. Man spricht hier von einer Unterextraktion. Diese wird im Übrigen auch durch einen zu groben Mahlgrad verursacht. Ist die Durchlaufzeit dagegen zu lang, werden zu viele Bitterstoffe aus dem Kaffeepulver gelöst. Dies geschieht zum Beispiel, wenn der Mahlgrad sehr fein ist. Der Espresso zeichnet sich dann durch eine sehr dunkle Crema und einen besonders bitteren Geschmack aus. Fachleute nennen dies Überextraktion.
Bei bodenlosen Siebträgern können Sie das Phänomen des Channelings sehr gut beobachten. Dort tropft zunächst fast nur Wasser oder zumindest ein sehr heller Kaffee an einzelnen Stellen heraus. Auch wenn die Flüssigkeit nach einigen Sekunden dunkler wird, fließt sie weiterhin ungleichmäßig heraus. Bei korrekter Extraktion dagegen verteilt sich der Espresso über die gesamte Fläche des Siebträgers.
Wie kann man Channeling vermeiden?
Das Phänomen Channeling kann bei der Espresso-Zubereitung unterschiedliche Ursachen haben. Folglich gibt es zu seiner Vermeidung auch unterschiedliche Lösungsansätze. Daher erläutern wir nun, wie Sie durch entsprechende Gegenmaßnahmen das Espresso-Channeling verhindern.

Ungleichmäßige Ververteilung des Kaffeepulvers
Ohne einen einheitlichen Kaffeekuchen ist keine gleichmäßige Extraktion des Espressos möglich. Channeling entsteht in jedem Fall, wenn das Pulver im Siebträger ungleichmäßig verteilt ist. Hier ist eine sorgfältige Vorbereitung essentiell.

Gleichmäßige Ververteilung des Kaffeepulvers
Sind beim Mahlen der Bohnen Klumpen entstanden? Dann müssen Sie diese vor der Verdichtung zerteilen. Als Hilfsmittel dient Ihnen beispielsweise ein Zahnstocher, mit dem Sie das Pulver durch kreisende Bewegungen verteilen.
Das Durchmischen nennt man im Fachjargon „Weiss Distribution Technique“. Diese können Sie auch mithilfe eines professionellen Distribution Tools (übersetzt etwa: „Verteilungs-Werkzeug“) vornehmen. Das Zubehör gibt es in unterschiedlichsten Ausführungen: Manche Distribution Tools haben Nadeln oder kleine Spieße, die der Durchmischung dienen. Andere kommen in Form eines Zylinders mit einer höhenverstellbaren Verteilerfläche daher. Diese Modelle setzen Sie auf das Kaffeepulver auf und drehen sie. Die Schraubbewegung der Verteilerfläche trägt eventuelle Kaffeeberge ab und füllt Lücken auf.
Das Klopfen an den Rand des Siebträgers in Verbindung mit leichtem Aufschlagen des Siebträgers sorgt ebenfalls dafür, dass sich das Pulver verteilt. Verzichten Sie dagegen auf unregelmäßiges Schütteln des Siebträgers während des Mahlvorgangs.
Fehler beim Tampen vermeiden
Eine weitere Ursache für Channeling: Das Espresso-Pulver wird nicht korrekt gestampft und verdichtet. Dies kann die Folge des oben genannten Fehlers sein. Denn eine ungleichmäßige Verteilung des Kaffeepulvers führt auch zu einer ungleichmäßigen Verdichtung. Im Einzelnen bedeutet das: Wo mehr Pulver im Siebträger war, ist der Verdichtungsgrad höher als an den Stellen, an denen das Pulver niedriger aufgehäuft wurde.

Ungleichmäßiger Wasserfluss
Die Folge der ungleichmäßigen Verteilung: Während der Zubereitung fließt das Wasser vorwiegend durch das weniger verdichtete Kaffeepulver. Der Durchlauf ist dabei zu schnell. So wird der Espresso nicht korrekt extrahiert und die Aromastoffe lösen sich nicht ausreichend aus dem Pulver heraus.

Gleichmäßiger Wasserfluss
Die Herstellung eines gleichmäßigen Kaffeebetts wie oben beschrieben ist in diesem Fall die Lösung des Problems. Durch das gleichmäßige Tampen mit konstantem Druck erhalten Sie einen gleichmäßigen Wasserfluss. Wie viel Druck genau, ist zur Channeling-Vermeidung nebensächlich.
Achtung:
Klopfen Sie während des Tampens nicht mehr gegen den Rand des Siebträgers, um Pulverreste zu lösen! Denn dadurch löst sich auch der Kaffeekuchen vom Rand des Siebträgers. Setzen Sie nun final den Tamper noch einmal an, wird der Kaffeesatz am Rand weniger verdichtet. Lassen Sie außerdem beim Einsetzen des Siebträgers in die Maschine Vorsicht walten: Stoßen Sie mit dem Siebträger unsanft gegen die Brühgruppe, löst sich womöglich der Kaffeekuchen vom Rand und verursacht Channeling.
Beim eigentlichen Tampen kommt es ebenfalls auf Gleichmäßigkeit an: Üben Sie dazu konstanten Druck aus. Wie viel Druck genau, ist zumindest zur Vermeidung des Channeling nebensächlich.
Unser Fazit
Um Channeling bei der Espresso-Zubereitung zu verhindern, ist insbesondere die sorgfältige Vorbereitung des Kaffeekuchens von Bedeutung. Professionelles Siebträger-Zubehör kann dabei helfen. Wichtiger ist jedoch, dass Sie sich die notwendige Zeit nehmen und übereilte Handgriffe vermeiden. So beugen Sie Fehlern vor und erreichen bei jeder Tasse Espresso eine gleichbleibende Qualität.

Auf der Suche nach einer neuen Siebträgermaschine?
Glossar
Hier finden Sie die wichtigsten Fachbegriffe aus dem Artikel kurz und übersichtlich erklärt.
-
Was ist Espresso?
Espresso ist eine Kaffeespezialität, die insbesonder in Italien und Spanien beliebt ist. Bei der Zubereitung wird das Wasser mit hohem Druck durch sehr feines Kaffeepulver gepresst. Dabei lösen sich viele Bitter- und Aromastoffe, was den Kaffee besonders stark macht. Typisch ist auch die dunkle Crema, die Schaumschicht auf dem Espresso.
-
Was ist der Kaffeekuchen / Puck?
Das zusammengepresste Kaffeepulver im Siebträger bildet den Kaffeekuchen. Dieser sollte gleichmäßig hoch und verdichtet sein. Nach der Espresso-Zubereitung ist er feucht bis nass und wird durch kräftiges Aufschlagen des Siebträgers aus diesem herausgelöst. Wie viel Sorgfalt Sie auf die Vorbereitung des Pucks verwenden, hat entscheidenden Einfluss auf die Qualität des Espressos.
-
Was ist ein Siebträger?
Der Siebträger gibt der Siebträgermaschine ihren Namen. Dabei handelt es sich um einen abnehmbaren Einsatz bestehend aus einem Griff und dem eigentlichen Siebeinsatz. In diesem verdichten Sie das Kaffeepulver. Zur Zubereitung eines Espressos müssen Sie den Siebträger durch eine leichte Drehung in die Brühgruppe einsetzen.
-
Was ist die Brühgruppe?
Die Brühgruppe oder Brüheinheit ist das wichtigste Bauteil der Siebträgermaschine. Erstmals setzte die Firma Faema diese 1961 ein. Vorher wurde das Wasser durch Betätigung eines Handhebels durch das Kaffeepulver gepresst. Die Brühgruppe macht dies automatisch und mit konstant hohem Druck. Das revolutionierte die maschinelle Kaffeezubereitung.
-
Was ist ein Tamper?
Der Tamper ist ein Werkzeug aus Metall (oft mit einem hölzernen Griff), welches Sie zur Vorbereitung des Kaffeekuchens brauchen. Man nennt es auch Stempel. Mit ihm pressen Sie das Kaffeepulver im Siebträger zusammen, um es zu verdichten.