Tipps für die Videosprechstunde als zusätzliche Leistung in Praxen
Die Arztsprechstunde per Telefon oder Video bietet neue Optionen für die Kommunikation zwischen Praxis und Patientinnen und Patienten. Denn auch medizinische Themen lassen sich über ein persönliches Telefonat besprechen. Viele Ärztinnen und Ärzte nutzen die Videosprechstunde als alternative Kontaktmöglichkeit – vor allem seit Beginn der Corona-Pandemie. Doch auch darüber hinaus etablieren sich die Online-Sprechstunden als feste Leistungen in den deutschen Praxen. Allerdings gilt es für die Videosprechstunde wie auch für das medizinische Telefonat, einige organisatorische Aspekte zu beachten. Denn diese Kontaktform bringt andere Anforderungen mit sich als ein persönliches Gespräch. Im Folgenden erfahren Sie, wie eine digitale Sprechstunde funktioniert, was Sie dafür brauchen und wie Sie diese Leistung abrechnen.

So steht es um die Videosprechstunde aktuell
Nach einer Studie des Health Innovation Hubs und der Stiftung Gesundheit von 2020 bieten 52,3 Prozent der Ärztinnen und Ärzte eine Videosprechstunde an. Laut dieser Umfrage liegt der deutliche Anstieg vor allem an der Corona-Pandemie. Denn ganze 94,1 Prozent geben an, diese Form der Patientenkommunikation im Laufe des Jahrs 2020 eingeführt zu haben.
Besonders Fachärzte und Fachärztinnen der Psychologie nutzen die Videosprechstunde. Während nur 35 Prozent der Hausarztpraxen die Online-Sprechstunde anbieten, sind es bei den Facharztpraxen 57,3 Prozent. Es zeigt sich, dass die Online-Sprechstunde einen wichtigen Teil in der medizinischen Versorgung darstellt. Vor allem in der Psychotherapie ist die Videosprechstunde präsent, um auch in Krisensituationen schnell behandeln zu können.
Allerdings zeigt sich in der Umfrage aus dem PraxisBarometer Digitalisierung 2021 ein kleiner Rückgang bei der Videosprechstunde. Während 2020 noch 39 Prozent der Praxen die Online-Sprechstunde anbieten, sind es 2021 zwei Prozent weniger (37 Prozent). Aber: Der prozentuale Anteil der Psychiater und Psychiaterinnen, die die Online-Sprechstunde anbieten, bleibt gleich (2020 und 2021 74 Prozent). Auch interessant: 64 Prozent der befragten Personen stimmen zu, dass die Videosprechstunde gegenüber einem Telefonat Vorteile mit sich bringt.
Auch wenn die Nutzung der Online-Sprechstunde also leicht abnimmt, so empfiehlt es sich nicht, diese Option wieder ganz abzuschaffen. Im Gegenteil: Wenn Sie sich die Online-Sprechstunde als Teil der Digitalisierung Ihrer Arztpraxis weiterhin offen halten, profitieren Sie von vielen Vorteilen:
- Entlastete Wartezeiten
- Verringerte Ansteckungsgefahr in Erkältungszeiten
- Höhere Flexiblität und Komfort, da Wartezeiten und Anfahrtswege entfallen
- Gesteigerte Patientenzufriedenheit
- Chancengleichheit für medizinische Versorgung in der Stadt und auf dem Land
Wofür die digitale Sprechstunde nutzen?
Grundlegend dient die Online-Sprechstunde beim Arzt oder bei der Ärztin weniger für Diagnosen oder Neupatienten. Die meisten medizinischen Fachkräfte nutzen sie eher, um Untersuchungen nachzubereiten oder bereits bekannte Patientinnen und Patienten weiter zu begleiten.
Übrigens: Die Sprechstunde per Telefon dürfen Sie nur bei bekannten Patientinnen und Patienten durchführen. Das heißt: Die entsprechende Person besuchte in den letzten sechs Quartalen des Jahres wenigstens einmal Ihre Praxis.
Außerdem ermöglicht die Online-Sprechstunde, Befunde oder Laborauswertungen zum Beispiel per Screensharing schnell zu besprechen. Gerade bei längeren Anfahrtswegen oder nach Operationen dienen Online-Sprechstunden zum Beispiel auch beim Hausarzt dazu, nach dem aktuellen Befinden zu fragen oder den weiteren Genesungsprozess zu erklären.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Videosprechstunde
In der Online-Sprechstunde können Sie als medizinische Fachkraft auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen. Grundsätzlich ist dies aber nur möglich, wenn es sich bei der Patientin oder dem Patienten um eine bekannte Person handelt. Außerdem müssen Sie feststellen können, ob die Erkrankung eine Arbeitsunfähigkeit zulässt – etwa bei einer Erkältung oder bei Magen-Darm. Die AU per Videosprechstunde dürfen Sie außerdem nur für einen maximalen Zeitraum von sieben Kalendertagen ausstellen. Für eine Folge-AU muss die erkrankte Person zur persönlichen Untersuchung in die Praxis kommen.
Corona-Sonderregel zur telefonischen AU endet ab Juni 2022
Durch die Corona-Sonderregel durften Sie als Ärztin oder Art auch unbekannte Personen bis zu sieben Kalendertage am Telefon krankschreiben. Dieser Prozess umfasste aber nur leichte Erkrankungen der oberen Atemwege. Am 31. Mai 2022 endete diese Sonderregel. Allerdings ist die Krankschreibung per Videoschalte weiterhin möglich.
Wichtige Anforderungen für die Videosprechstunde
Um eine Videosprechstunde durchzuführen, müssen Sie eine Patienteneinwilligung einholen. Außerdem muss das Gespräch in einem Raum stattfinden, der Privatsphäre bietet, damit die Sprechstunde auch vertraulich bleibt. Denn der Datenschutz spielt bei der Online-Sprechstunde eine große Rolle. Zudem benötigen Sie eine störungsfreie Technik und Datenübertragung. Weitere Anforderungen sind:
- Keine Werbung während der Videosprechstunde einblenden
- Sie sollten den Klarnamen Ihres Gegenüber erkennen
- Nutzen Sie nur einen vom KBV- oder GKV-zertifizierten Anbieter
- Die anbietende Firma gewährleistet eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
- Sie brauchen ein Bildschirm mit Kamera, Mikrofon, Lautsprecher sowie eine stabile Internetverbindung
Wie funktioniert eine Videosprechstunde?
Im folgenden Kapitel geben wir Ihnen einige Tipps an die Hand zum Ablauf einer erfolgreichen Online-Sprechstunde.
Vorbereitungen vor dem Gespräch
Um eine Online-Sprechstunde durchzuführen, registrieren Sie sich zuerst bei einem zertifizierten Videodienstanbieter. Dies funktioniert meist über Anmeldedaten, die Sie in die Benutzeroberfläche einer auf Ihrem PC installierten Software eingeben. Ihre Patientin oder Ihr Patient erhält entweder über die Praxis oder über den Videodienstanbieter einen freien Termin zur Online-Sprechstunde. Vorher gibt die Person ihre Einwilligung entweder persönlich bei der Praxis oder je nach System auch online ab. Klären Sie Ihre Patientinnen und Patienten zusätzlich über die besonderen Aspekte der Behandlung per Online-Sprechstunde auf.
Online-Sprechstunde Erstpatient
Der Erstkontakt per Videosprechstunde wird eigentlich nicht empfohlen. Falls es sich jedoch nicht vermeiden lässt, zeigt der Patient zuallererst seine elektronische Gesundheitskarte in die Kamera. Somit kann das Praxispersonal die Identität der Person prüfen und alle notwendigen Daten aufnehmen.
Prüfen Sie vor Ihrem Gespräch auch Ihre Umgebung sowie Technik. Sorgen Sie zum einen dafür, dass in Ihrem Umfeld nichts von dem Gespräch ablenkt. Schließen Sie Fenster und Türen, um Geräuschkulissen wie Verkehr oder klingelnde Telefone zu verhindern. Darüber hinaus eignet sich ein einfarbiger Hintergrund und vorzugsweise Tageslicht, das seitlich einfällt. Achten Sie auch darauf, dass Ihre Kleidung genügend Kontrast zum Hintergrund hat.
Zum anderen testen Sie vor der Videosprechstunde die benötigte Technik. Bringen Sie die Kamera am besten auf Augenhöhe an, damit beim Gegenüber ein natürlicher Gesprächseindruck entsteht. Fragen Sie danach zum Beispiel eine Kollegin oder einen Kollegen, ob diese eine Testrunde mit Ihnen durchführen. So können Sie prüfen, ob Kamera und Mikrofon funktionieren.
Sobald Sie sich in der Software einloggen, wartet Ihre Patientin oder Patient im Idealfall schon im Online-Wartezimmer, sodass Sie sich nur noch zuschalten müssen.
Tipps zum Verhalten während der digitalen Sprechstunde
Achten Sie während Ihrer Sprechstunde unbedingt darauf, zum größten Teil direkt in die Kamera zu schauen. Wenn Sie zum Beispiel den Computerbildschirm ansehen, erweckt dies den Eindruck, dass Sie sich mit anderen Dingen beschäftigen. Informieren Sie Ihr Gegenüber, wenn Sie den Blickkontakt doch mal abbrechen müssen, um zum Beispiel Notizen anzufertigen oder die Gesundheitsakte zu prüfen. Sprechen Sie während der gesamten Sprechstunde deutlich und stellen Sie immer klar, was in diesem Rahmen möglich ist und was nicht.
In einer Online-Sprechstunde – aber auch am Telefon – ist es wichtig, dass die am Gespräch teilnehmende Person sich aktiv beteiligt. Denn hier sind einige Untersuchungsverfahren nicht möglich. Machen Sie Ihrer Patientin oder Ihrem Patienten daher klar, dass Sie hier enger zusammen arbeiten müssen, um etwa eine Diagnose zu stellen oder einen Behandlungsratschlag zu geben.
Abschluss der Online-Sprechstunde
Am Ende einer Sprechstunde sollten Sie sich vergewissern, dass Ihre Gegenüber wissen, was nun zu tun ist. Lassen Sie sich zum Beispiel Ihre Anweisungen wiederholen. Fassen Sie außerdem alle folgenden Behandlungsvorgänge, Nebenwirkungen und gängige Verläufe noch mal zusammen. Empfehlen Sie Ihrer Patientin oder Ihrem Patienten, falls nicht schon geschehen, sich die Anweisungen zu notieren. Das dient Ihnen als Bestätigung, dass die Person den Behandlungsplan versteht und auch befolgt.
Am Ende der Sprechstunde melden sich beide Seiten von der Internetseite beziehungsweise Software ab und Sie als medizinische Fachkraft dokumentieren die Behandlung in Ihrem Praxisverwaltungssystem.
Videosprechstunde abrechnen
Die Kosten für eine Videosprechstunde übernimmt genauso wie bei der persönlichen Beratung in der Praxis die gesetzliche Krankenkasse. Bis zum April 2022 konnten Praxen und Kliniken Online-Sprechstunden unbegrenzt durchführen und abrechnen. Diese Lockerung erleichterte Ärztinnen und Ärzten die Behandlung in krisenhaften Zeiten der Corona-Pandemie. Seit die Zahlen jedoch zurückgehen, begrenzen die Krankenkassen die Anzahl der Behandlungsfälle bei der Videosprechstunde auf 30 Prozent. Das heißt: Die Ärztinnen und Ärzte dürfen höchsten 30 Prozent Ihrer Patientinnen und Patienten im Quartal online betreuen.
Grundsätzlich rechnen Sie die Online-Sprechstunden nach verschiedenen Gebührenpositionen (kurz GOP) ab. So beinhaltet zum Beispiel die GOP 01444 die Leistung „Authentifizierung von unbekannten Patientinnen und Patienten in der Videosprechstunde“. Diese rechnen Sie mit 1,11 Euro pro Sprechstunde ab. Ein anderer Punkt ist zum Beispiel der „Technikzuschlag“ je Arzt-Patienten-Kontakt, den Sie mit 4,51 Euro abrechnen.
Telefonsprechstunde abrechnen
Auch eine Sprechstunde per Telefon können Sie nach den GOP abrechnen. Die Voraussetzung dafür ist, dass der Grund für das Telefonat eine Erkrankung ist und mindestens fünf Minuten dauert. Die jeweiligen Positionen rechnen Sie dann für jede fünf Minuten ab. Auf der Website der Kassenärztlichen Vereinigung finden Sie weitere Gebührenordnungspositionen nach medizinischen Fachgruppen und Bestimmungen für die Telefonsprechstunde.
Die KBV bietet Ihnen ein ausführliches PDF-Dokument, das alle Gebührenpositionen sowie Leistungen auflistet, die Sie in einer Videosprechstunde durchführen und abrechnen dürfen.
Um Ihre Online-Sprechstunden nach den GOP abzurechnen, brauchen Sie einen vom KBV-zertifizierten Videodienstanbieter. Bevor Sie mit der Software und den Online-Sprechstunden loslegen, melden Sie den auswählten Anbieter bei der Kassenärztlichen Vereinigung Ihres Bundeslandes an.
Zertifizierte Anbieter für eine Online-Sprechstunde
Für die Videosprechstunde gibt es verschiedene Anbieter, die infrage kommen. Wichtig ist insbesondere, dass diese von der KVB zertifiziert wurden. Darunter fällt zum Beispiel die Anwendung von Arztkonsultation. Dieses bietet unbegrenzte Online-Sprechstunden, Textnachrichten und Datenaustausch. Der Account kostet pro Arztperson etwa 59 bis 89 Euro im Monat. Etwas günstiger ist es mit 39 Euro im Monat beim Anbieter von Videomedi. Hier erhalten Sie ebenfalls unbegrenzte Sprechstunden, automatischen Versand der Zugangscodes per Mail, Schnittstelle zu Praxisverwaltungssystemen sowie kostenfreien Support und Schulungen.
In einer Liste der KBV finden Sie alle zertifizierten Softwares für Videosprechstunden – viele davon nutzen Sie bereits ab 29 Euro im Monat. Für Ihre Patientinnen und Patienten ist die Online-Sprechstunde beim Arzt natürlich kostenlos. Einige dieser Anbieter für Online-Sprechstunden integrieren ebenso eine zusätzliche Schnittstelle für die Anbindung an die Telefonanlage der Praxis.
Passende Telefonanlage für die Sprechstunde per Telefon oder Video
Egal ob am Telefon oder am Computer: Für ein störungsfreies Gespräch brauchen Sie eine möglichst hochwertige Hardware. Eine moderne Telefonanlage bietet entweder selbst ein zusätzliches Tool für die Videosprechstunde oder ermöglicht per Schnittstelle die Anbindung einer passenden Software. So profitieren Sie nicht nur von HD-Telefonie, sondern behalten während des Gespräches auch alle Patientendaten mit aktuellen Entwicklungen und Notizen im Blick. Außerdem können Sie mit der TK-Anlage gleichzeitig das Softphone in Ihrem Sprechzimmer nutzen sowie feste Telefonendgeräte am Empfang einbinden.

Telefonanlage für Ihre Arztpraxis inkl. Endgeräte
Unser Fazit: Videosprechstunde als zusätzliche Leistung nutzen
Nicht jede Krankheit lässt sich aus der Ferne beurteilen. Sehen Sie die Online-Sprechstunde daher als eine gute Ergänzung zum privaten Kontakt zwischen Patienten und Ärzten. Denn damit bieten Sie Ihren Patientinnen und Patienten eine echte Alternative, falls die persönliche Sprechstunde entweder aus privaten oder gesellschaftlichen Gründen nicht möglich ist. Nichtsdestotrotz sollte die Videosprechstunde genauso professionell ablaufen wie das persönliche Gespräch. Legen Sie daher Wert auf die Vorbereitung und ein Umfeld, in dem sich beide Parteien auf das Gespräch konzentrieren können. Dies hinterlässt bei Ihrer Patientenschaft einen guten Eindruck von einer ernst zu nehmenden und vertrauenswürdigen Praxis – eine gute Basis für gelungenes Praxismarketing, das Ihr Image fördert.