Mehrwegpflicht in der Gastronomie: Hintergründe, Vorgaben und Lösungen
Seit dem 01. Januar 2023 gilt für Betriebe, welche Speisen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, die Pflicht, neben Einweg- auch Mehrwegverpackungen für diese Produkte anzubieten. Da Einwegprodukte nicht gänzlich verboten werden und für Verbraucher und Verbraucherinnen keine Pflicht zur Nutzung der Mehrwegverpackungen gilt, handelt es sich genau genommen um eine Mehrwegangebotspflicht. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich jedoch die Mehrwegpflicht als Kurzform durchgesetzt. Was genau dahintersteckt und welche Lösungen Gastronomen zur Verfügung stehen, haben wir im folgenden Artikel für Sie zusammengestellt.
Warum gibt es die Mehrwegpflicht für die Gastronomie?
Die Mehrwegpflicht ist ein Schritt zu mehr Nachhaltigkeit in der Gastronomie und Teil des Abfallvermeidungsprogramms des Bundes und der Länder. Sie ist eine von mehreren Änderungen des Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die hochwertige Verwertung von Verpackungen (Verpackungsgesetz – VerpackG). So wie die seit Anfang 2022 bestehende Pfandpflicht für Getränkedosen und Einwegflaschen aus Kunststoff soll auch die Mehrwegpflicht für gastronomische Betriebe dazu beitragen, „[…] Abfälle zu vermeiden, Rohstoffe zu sparen und die Umwelt zu schonen”, so die Bundesregierung auf der Schwerpunktseite ihrer Homepage. Hintergrund ist die stetig anwachsende Menge von Abfällen in Deutschland und weltweit. Jüngste Statistiken sprechen von 770 Tonnen Einwegverpackungen, die allein für to-go-Getränke und -Speisen jeden Tag in Deutschland anfallen.
Was besagt die Mehrwegangebotspflicht für Gastronomen?
Die Regelungen zur Mehrwegangebotspflicht für gastronomische Betriebe finden sich in Paragraph 33 des Verpackungsgesetzes (VerpackG). Im Einzelnen heißt es hier:
- Gastrobetriebe, die Getränke und Speisen zum Mitnehmen anbieten, müssen neben Einwegverpackungen auch Mehrwegalternativen zur Verfügung stellen.
- Die Betriebe müssen ihre Kundschaft über alle Möglichkeiten informieren. Die Informationen müssen gut auffindbar sein.
- Die Mehrwegverpackungen müssen in denselben Größen erhältlich sein (etwa für alle angebotenen Getränke-Größen) und denselben Komfort bieten.
- Speisen und Getränke in Mehrwegverpackungen dürfen nicht teurer sein als solche in Einwegverpackungen. Mehrwegpfand zu erheben, ist aber erlaubt.
- Die üblichen Hygienevorschriften müssen auch bei der Befüllung von Mehrwegverpackungen beachtet werden. Das gilt auch für von den Gästen mitgebrachte Behältnisse. Gastronomen sind nicht verpflichtet, Behälter zu befüllen, die verschmutzt oder für die Speisen offenkundig ungeeignet sind.
Mehr zum hygienisch einwandfreien Umgang mit betriebseigenen oder von Gästen mitgebrachten Behältern lesen Sie weiter unten im Artikel.
Ausnahmen für kleine Betriebe
Unter bestimmten Bedingungen sind Gastronomen von der Mehrwegangebotspflicht befreit. Die Details dazu sind in Paragraph 33 des Verpackungsgesetzes (VerpackG) festgelegt. Demnach sind Betriebe von der Pflicht ausgenommen, wenn
- die Verkaufsfläche nicht größer als 80 Quadratmeter ist
- UND maximal fünf Beschäftigte im Unternehmen angestellt sind.
Umstritten war und ist dabei die Auslegung dieser Regelungen. Gelten diese Zahlen bei Ketten für das gesamte Unternehmen oder pro einzelner Filiale? Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) hat daher einen Leitfaden zur Umsetzung der Mehrwegangebotspflicht zusammengestellt, in dem Sie sich über solche und weitere Details informieren können.
Mehrweglösungen und Vorteile für Ihre Gastronomie
Grundsätzlich haben Sie als Gastronom verschiedene Möglichkeiten, die Mehrwegpflicht umzusetzen: Ermutigen Sie Ihre Gäste, eigene Behälter mitzubringen, etablieren Sie ein Insel- oder Verbundsystem oder nutzen Sie Poolsysteme. Den geringsten Aufwand haben Betriebe, wenn Kunden ihre eigenen Behälter mitbringen. Dies ist jedoch nur eine Ergänzung zu einer der nachfolgenden Möglichkeiten.
Der Lebensmittelverband Deutschland hat in Zusammenarbeit mit dem DEHOGA Bundesverband und weiteren Verbänden ein Merkblatt zur „Hygiene beim Umgang mit kundeneigenen Behältnissen zur Abgabe von Lebensmitteln in Bedienung oder Selbstbedienung“ erstellt, welches Sie hier herunterladen können. Das Merkblatt für den Umgang mit kundeneigenen Getränkebechern finden Sie hier.
Inselsystem
Von einem Inselsystem spricht man, wenn Ihr Gastronomiebetrieb eigene Mehrwegbehälter für Speisen und Getränke anschafft, diese an Ihre Kundschaft ausgibt und auch nur diese wieder zurücknimmt. Vorteilhaft ist hierbei zum einen die Unabhängigkeit, das Mehrwegsystem ganz nach dem eigenen Bedarf zu gestalten.
Zum anderen ergeben sich Werbemöglichkeiten: Nicht nur größere Betriebe oder Ketten können das Mehrwergsystem für ihr Marketing nutzen, indem sie den Unternehmensnamen und / oder das eigene Logo auf die Mehrwegbehälter drucken lassen. Das lohnt sich insbesondere für Lokale mit vielen Stammgästen, welche dann als Markenbotschafter fungieren. Die Chancen für die Rückgabe aller Packungen stehen gut. Gegebenenfalls können Sie einzelne Behälter zu Werbezwecken auch verkaufen, wie etwa immer mehr Bäckereien Thermobecher oder Brotbeutel aus Leinen oder Baumwolle mit ihrem Logo anbieten.
Nachteilig sind die initialen Kosten, die Ihnen für die Anschaffung der Mehrwegbehälter entstehen. Die Herausforderung bei einem Inselsystem besteht außerdem darin, dass Sie alleinig für die korrekte Handhabung verantwortlich sind. Die hygienisch einwandfreie Aufbewahrung und Befüllung sowie die korrekte Reinigung der Behälter obliegt Ihnen. Gegebenenfalls ist hierfür die Schaffung neuer Aufbewahrungs- und Arbeitsflächen nötig.
Verbundsystem
Die Nutzung eines Verbundsystems bedeutet, dass Sie sich mit weiteren Betrieben für ein gemeinsames Mehrwegsystem zusammenschließen. Idealerweise tun Sie dies mit Gastronomien, welche Ihr eigenes Geschäftsmodell ergänzen, mit diesem aber nicht in Konkurrenz stehen. Die Vorteile: Sie teilen sich die Kosten und erweitern Ihren Kundenstamm, da Gäste anderer Betriebe zur Rückgabe der Behälter auch zu Ihnen kommen können und so vielleicht auch zu Ihren Gästen werden. Der Nachteil: Entscheidungen müssen immer in Absprache getroffen werden.
Poolsystem
Bei einer Poollösung nutzen Sie die Mehrwegbehälter professioneller Anbieter. Wer vor allem Laufkundschaft bedient, wird damit nicht nur kostengünstiger fahren als mit anderen Systemen, sondern der Kundschaft die Nutzung der Mehrwegbehälter auch möglichst attraktiv machen. Denn so können die Gäste die Verpackungen flexibel an verschiedenen Stellen abgeben und müssen nicht zum ursprünglichen Lokal zurückkehren. Sie als Betriebsinhaber sind nicht mehr in der Verantwortung, die Verpackungen wieder vollständig einzusammeln und zu reinigen. So sparen Sie nicht nur Kosten, sondern auch Zeit und Arbeitsaufwand.
Einen Überblick über die Anbieter von Poolsystemen finden Sie auf der auf dieser Website. Diese Auflistung erhebt jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Mehrwegpflicht: Herausforderungen für Gastrobetriebe
Herausforderungen ergeben sich für Gastronomen im ersten Schritt aus den Vorschriften selbst, die zunächst einmal verstanden werden müssen. Dass einige Details nicht explizit festgelegt und Auslegungssache sind, erschwert die korrekte Umsetzung zusätzlich. Der Branchenverband Dehoga, die Handwerkskammern, Anbieter von Poolsystemen sowie weitere Beratungsstellen unterstützen Sie jedoch gern. Außerdem mussten sich Gastronomen seit Einführung der Mehrwegpflicht auf weitere Herausforderungen einstellen. Stehen Sie vor einer Neugründung, sollten Sie wesentliche Punkte in ihrer Planung ebenfalls möglichst frühzeitig:
- Initial entstehen Kosten für die Anschaffung zusätzlicher Mehrwegbehältnisse. Andererseits sinken die Kosten für Einweggeschirr, wenn dieses weniger häufig ausgegeben wird.
- Die Umstellung von Arbeitsabläufen verursacht einen organisatorischen und gegebenenfalls zeitlichen Mehraufwand.
- Aufwendig ist auch die Suche nach Anbietern und die Auswahl der richtigen Mehrweggefäße. Beim Insel- und Verbundsystem sind die Gastronomen dafür verantwortlich, Mehrwegbehälter auszugeben, die für die jeweiligen Speisen und Getränke auch geeignet sind. Beim Poolsystem liegt diese Verantwortung beim Anbieter.
- Setzen Sie die Mehrwegpflicht nicht oder nur unzureichend um, drohen Bußgelder. Grobe Verstöße können mit einer Geldstraße von bis zu 10.000 belegt werden.
Ein besonders wichtiger Punkt sind die hohen Hygienestandards für die Gastronomie, die bei der Verwendung von Mehrweggeschirr ebenso eingehalten werden müssen wir sonst auch. Mehr dazu lesen Sie im Folgeabschnitt.
Hygiene bei Mehrweggeschirr
Ob Ihre Gäste die Speisen vor Ort verzehren oder mitnehmen, die Anforderungen bleiben gleich. Sie sind als Gastronom verantwortlich für Bereitstellung einwandfreier Lebensmittel, auch wenn Sie diese in von der Kundschaft mitgebrachte Gefäße füllen. Fassen Sie die Kundenbehälter so wenig wie möglich an und befüllen Sie diese in einem speziell dafür ausgewiesenen Bereich. Übrigens: Verschmutzte oder ungeeignete Gefäße müssen Sie nicht befüllen!
Beim Inselsystem sind Sie selbst für die einwandfreie Reinigung der zurückgebrachten Mehrweggefäße verantwortlich. Gleiches gilt für das Verbundsystem, wobei Sie sich die Verantwortung hier mit allen teilnehmenden Gastronomen teilen. Eine Möglichkeit, die Last fair zu verteilen, wäre die Schaffung beziehungsweise Einbindung einer zentralen Spülküche.
Je nach Anbieter und Vertrag sind Sie als Gastronom auch bei der Nutzung von Poolgeschirr für die Reinigung verantwortlich. Oft bieten die Anbieter Ihnen jedoch die Wahl, ob Sie selbst spülen oder gegen eine Gebühr einen externen Spülservice nutzen möchten. Informieren Sie sich hierzu am besten schon im Vorfeld.
Weitere Details zum hygienisch einwandfreien Umgang mit Poolgeschirr finden Sie in diesem Leitfaden herausgegeben vom Lebensmittelverband Deutschland.
Mehrweggeschirr richtig spülen
Wie eben angesprochen, gehört die Einhaltung von Hygienestandards in der Gastronomie zu den größten Herausforderungen. Das ist nicht erst seit Einführung der Mehrwegpflicht der Fall, doch müssen sich Gastronomen je nach gewähltem System mehr oder weniger umstellen. Den größten Reinigungsaufwand haben Sie natürlich, wenn Sie eigenes Mehrweggeschirr nutzen. Ihr Vorteil: Viele moderne Industriespülmaschinen verfügen bereits über passende Reinigungsprogramme für Kunststoffgeschirr.
- Nutzen Sie spezielle Haltersysteme für Getränkebecher.
- Fixieren Sie kleine und leichte Teile wie Deckel.
- Verwenden Sie Reinigungsmittel und Klarspüler, die speziell für Kunststoffe geeignet sind.
- Beachten Sie die Betriebsanleitung Ihrer Geschirrspülmaschine sowie die Reinigungshinweise Ihres Poolanbieters oder des Herstellers Ihrer Mehrwegbehälter.
- Gerade Kunststoffbehälter müssen zügig und gründlich gereinigt sowie getrocknet werden, um die Materialqualität langfristig zu erhalten.
Insbesondere das schnelle Reinigen und Trocknen klappt am besten mit professioneller Spültechnik. Wenn Ihre vorhandene Gastrospülmaschine bereits über passende Einstellungen verfügt, können Sie diese auch gut weiter nutzen. Halterungen und Körbe nachzurüsten, um die Mehrwegbehälter gut unterzubringen, ist dank des großen Angebots der Hersteller kein Problem. Benötigen Sie jedoch eine neue Spülmaschine, nutzen Sie gern unseren praktischen Angebotsvergleich.
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Mehrwegpfand im Kassensystem hinterlegen
Speisen und Getränke in Mehrwegbehältern dürfen nicht teurer verkauft werden als in Einwegbehältern. Aber es steht Ihnen frei, bei der Abgabe einen Pfand zu erheben, den Sie bei Rückgabe der Gefäße wieder auszahlen. Um die Pfandeinnahmen und -ausgaben korrekt zu verwalten, können Sie im Kassensystem jeweils einen Artikel in der passenden Warengruppe erstellen. Benennen Sie diese möglichst eindeutig, beispielsweise „Pfand Getränkebecher eingenommen” und „Pfand Getränkebecher ausgegeben”. So behalten Sie leicht den Überblick.
Ein weiterer Vorteil intelligenter Kassensysteme: Sie können sich jederzeit einen Bericht erstellen lassen, um zu vergleichen, welcher Prozentsatz Ihre Speisen und Getränke inhouse und welcher außer Haus verzehrt wird. Außerdem ermitteln Sie damit problemlos, welche Produkte als Take-away besonders beliebt sind. So können Sie Ihr Angebot kontinuierlich optimieren.
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Fazit
Seit Einführung der Mehrwegangebotspflicht im Januar 2023 mussten sich Gastronomen diversen Herausforderungen bei deren Umsetzung stellen. Die Möglichkeiten sind seitdem jedoch ebenfalls vielfältiger geworden. So gibt es inzwischen eine Fülle von Anbietern, welche das Einrichten eines Insel- oder Verbundsystems erleichtern beziehungsweise die Nutzung eines Poolsystems zu einer attraktiven Lösung machen. Branchenverbände und Handwerkskammern beraten Sie gern zu Details und helfen, Unklarheiten aus dem Weg zu schaffen.